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Phase 2: Alleinsein im Büsle – weiter gehts

Die nächsten Tage meiner Reise nach Norden waren abwechslungsreich, interessant und überwiegend sehr schön. Ganz ehrlich: Ich hatte keine Muße, meinen Bericht fortzuführen. Inzwischen bin ich wieder daheim und berichte über Vergangenes.

Wismar und Lübeck habe ich in sehr guter Erinnerung. Von Lübeck aus fuhr ich weiter nach Norden. Einer Empfehlung folgend wollte ich nach Kappeln an der Schlei fahren.

Unterwegs wies ein Schild an der Autobahn auf das Benediktinerkloster in Cismar hin. Die wenigen Kilometer dort hin fuhr ich gerne, und ich wurde mit einer schönen Klosteranlage belohnt. Leider war der von mir dort angepeilte Geocache nicht auffindbar, obwohl ein raffiniert angebrachter Hinweis auf der Rückseite einer Informationstafel einen sicheren Erfolg versprach.
Ein Selfie, einmal ganz anders:

Bei der Gelegenheit sollte ich ein kleines Bekenntnis ablegen. Als es Christl noch gut ging, haben wir zusammen mit großer Lust europaweit nach Geocaches gesucht. Wir hatten unglaublich viel Spaß dabei. Oft suchte ich als "Cache-süchtiger" (so werde ich in der Familie genannt) erfolglos, und Christl verkündete irgendwann triumphierend: "Ich hab ihn!".
In letzter Zeit wurde ich in meiner Leidenschaft immer häufiger gebremst.

Es ist einer der wenigen Vorteile, die ich auf meiner Alleinreise erkenne: Ich kann suchen wo, und so lange ich Lust habe.

Ich fürchte, ich habe bei dieser Fahrt schöne Plätze an der Ostseeküste rechts liegen lassen. Kappeln erreichte ich im Regen. Das hat vielleicht meine Begeisterung für den Ort etwas getrübt. Es war der einzige Regen, den ich in den fast drei Wochen meiner Reise abbekam.
Eigentlich hatte ich mir überlegt, dort zu übernachten, aber der Wohnmobilstellplatz fand nicht meine Zustimmung. So blieb es bei einem Bummel durch den Ort.

Das Fischbrötchen war echt lecker.

Die Nacht verbrachte ich mit Blick auf die dänische Küste gegenüber in Glücksburg, nahe Flensburg. Dort hat es mir richtig gut gefallen, obwohl der Regen anhielt. Ein schöner Campingplatz auf einer Halbinsel. Zunächst begeisterte mich allerdings ein kräftiger Sturm über Schleswig Holstein - in dem ich mitten drin war. Das Büsle schwankte ganz schön, das hatte ich lange nicht erlebt. Trotzdem, oder gerade deswegen schlief ich ausgezeichnet.
Dank WLAN konnte ich die Nachrichten verfolgen.

Am nächsten Morgen war der Sturm vorüber, ein paar Wolken wurden noch von West nach Ost geschoben. Nach dem Frühstück unternahm ich einen längeren, schönen Spaziergang am Meer entlang.

Aus der Nähe, vor allem vor Ort, habe ich noch nie die berühmten Strandkörbe gesehen. Das war schon interessant. Einen hatte der Sturm umgeweht.

Ein anderer war verrammelt und verriegelt. Zunächst dachte ich, da hat sich einer einen Spaß erlaubt. Später erkannte ich, dass die Eigentümer damit eine missbräuchliche Benutzung der Strandkörbe verhindern wollten.

Vor vielen Jahren unternahmen wir einmal einen Ausflug von Münster aus an die Nordsee. Völlig unerfahren, was diese Gegend anging. Unsere Freizeit verbrachten wir damals nahezu ausschließlich im Mittel- und Hochgebirge.
Wir erreichten Horumersiel (dazu später mehr), und wunderten uns, dass wir für das - übrigens nicht vorhandene - Meer Eintritt bezahlen müssen. Das hat uns erstaunt. Ein Glück nur, dass er "Eintritt" erst ab 1. April gefordert wurde; wir waren am 30. März dort. Als ehemalige Schwaben hat uns das gefreut.
Hier, am Strand der Halbinsel Holnis, stellte ich dasselbe fest. Auch hier musste man für die Strandbenutzung bezahlen. Ich nicht, ich habe ihn nicht betreten.

Für die Toilettenbenutzung musste man übrigens die Park-App nicht benutzen. Ich wollte das ausnützen, verließ die Anlage aber fluchtartig. Ein ganzes Heer von kleinen schwarzen, fliegenden Blutsaugern wollte sich sofort auf mich stürzen. Waren das Parkplatzwächter?

Auf der Fahrt zum Campingplatz sah ich ein sehr schönes Wasserschloss. Das wollte ich mir vor meiner Weiterreise näher anschauen.

Jetzt näherte ich mich dem Ziel meiner Reise in den Norden, dem Ort in Dänemark, an dem Katharina geheiratet hat. Was mich immer freut, ist der unbemerkte Grenzübertritt innerhalb von Europa. Hoffentlich bleibt uns das erhalten.

Ich nehme es vorweg: Dieser Teil von Dänemark hat mich nicht begeistert. Das begann schon damit, dass ich mit der Sprache nicht viel anfangen konnte. Da hätte ich mich allerdings auch durchaus vorher informieren können. Ganz ehrlich gesagt, war ich auch von der Landschaft nicht unbedingt begeistert. Das Wetter war nicht so gut, wie ich es gewöhnt war. Aber dafür konnte Dänemark nichts. Vielleicht war ich auch nicht so gut drauf, an diesem Tag.

Auf jeden Fall dachte ich mir, ich schaue mir den nächsten Ort an, und bog kurz entschlossen nach Broager ab. Auch das konnte mich zunächst nicht zufrieden stellen. Was mir ins Auge fiel, war eine Kirche, wie ich sie noch nie gesehen habe. Dort stellte ich das Büsle ab und sah mir die Kirche an. Das hat sich wirklich gelohnt.

Es handelt sich um eine evangelische Kirche. Ich fand den Innenraum genau so interessant, wie das Gebäude.

Das auffälligste war eine Skulptur von Georg, dem Drachentöter. Alle ehemaligen und jetzigen Pfadfinder (Christl war Stammesführerin der St. Georgs-Pfadfinder in Sindelfingen) kennen die Geschichte ihres Namens-Patrons.

Geocaching ist kein Wettbewerb. Man setzt sich selbst Ziele, und freut sich darüber, wenn man sie erreicht hat. Vielleicht gibt man seinen Freunden gegenüber ein klein wenig damit an, aber das ist nicht der Zweck des Hobbys. Mein Ehrgeiz war es, in allen 16 Bundesländern fündig geworden zu sein. Das System "belohnt" einen damit, dass es ein Souvenir für jeden Staat und für jedes Bundesland verleiht.

Mit meiner Stippvisite nach Dänemark habe ich mir dieses Souvenir erworben. Auf meiner bisherigen Reise komplettierte ich meine Sammlung der Bundesländer, zu denen ich auch Mallorca zähle.

Ich wollte in Broager noch einige Geocaches finden. vor allem einen davon, der mir weitere Informationen zu der tollen Kirche gebracht hätte. Dass es nicht mein bester Tag war, habe ich schon berichtet. Aber jetzt wurde die Geschichte endgültig problematisch. Ich bekam keinen Zugang zum Internet, obwohl ich zwei SIM-Karten in meinem Handy eingelegt hatte, und obwohl ich mich in Europa befand. Heute weiß ich, dass ich mich sehr dumm angestellt habe. Ich unterließ es, mein Handy auf "Roaming" umzustellen. Das vermied ich, weil ich ordentlich Lehrgeld bezahlen musste, weil die Schweiz in dieser Beziehung nicht zu Europa gehört. "Roaming" ist deshalb stets ausgeschaltet.

Glücklicherweise hatte ich mir zuvor im deutschen Netz einen kleinen Cache angeschaut, und den konnte ich im kirchennahen Park auch finden. So habe ich mit einem kleinen Geocache ein ganzes Land "erobert". Hier ist meine kleine Eitelkeit. In den dunkel hinterlegten Ländern sind wir seit 2014, Stand Anfang Oktober 2023, ca. 6500 mal fündig geworden. Christl hat zusammen mit Armin, Elisabeth und Kilian weitere 20 Geocaches in Kanada und mit Armin allein drei in den Staaten Washington und Idaho gefunden.

Eine Spötterin erklärte meine negative Einstellung zu Dänemark damit, dass ich nicht weiter nach Geocaches suchen konnte. Möglicherweise schätzt sie das richtig ein.

Auf jeden Fall wandte ich mich nach Süden, nachdem ich Dänemark kurz besucht, und cachemäßig auf meine Erfolgsliste gesetzt hatte.

Schon hier kann ich ein kleines Fazit meiner Reise ziehen. Meine Sorge, allein mit dem Campingbus zu reisen ginge nicht, war weitestgehend unbegründet. Es ist anders, und nicht mehr so schön, wie das Reisen zu zweit. Aber es ist möglich, und es macht auch Spaß.
Zu meiner eigenen Verwunderung kam ich einigermaßen gut damit zurecht, dass ich über weite Strecken keine Gesprächspartner hatte. Es ist schon eine ziemlich schweigsame Angelegenheit, während der Fahrt, vor oder im Büsle, bei den Unternehmungen, vor allem am Abend.

Wir hatten unser halbes Leben lang einen Hund. Deshalb spielte das Fahrrad für uns eine sehr untergeordnete Rolle. Hund am Fahrrad hielten wir für nicht gut. Außerdem hatte Christl keine Freude am Fahrrad fahren.
Ich hatte, erstmals auf einer längeren Reise, mein Fahrrad dabei. Das hat sich sehr bewährt. Mit dem Fahrrad ist man deutlich beweglicher. Es machte mir zunehmend Spaß, die Gegend damit zu erkunden. Gesäß und Sattel haben sich zunehmend aneinander gewöhnt, die Oberschenkelmuskeln benötigen noch ein wenig Zeit.

3 Gedanken zu „Phase 2: Alleinsein im Büsle – weiter gehts

  1. Armin

    Wieder ein schöner Bericht - vielleicht schaust Du Dir mal e-Falträder an. Das Fahrrad sieht von hinten größer als der Bus aus, nicht, dass er bei der entsprechenden Steigung hintenüber kippt 😀

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  2. Joachim Reck

    ein wunderbarer Bericht, Herr Stein, und die interessanten Einschätzungen dazu. Ein Nürnberger im Norden an der Ostsee. Ich habe auch über einige Passagen im Text geschmunzelt, die unsere Heimat und Dänemark betreffen. Ja, Dänemark ist einfach, entspannend und trotzdem fahre ich immer wieder gern auch mit dem Fahrrad dorthin. (am DI mit der Fähre vom Überseehafen Rostock nach Gedser) Es gibt noch die östliche Seite der Küste, die landschaftlich wesentlich attraktiver ist. Sie waren von der A19 auf die A20 nach Westen abgebogen, Bereich Rostock. Dann hätte ich Ihnen bei einem Treff den Darß empfohlen. Mein Geheimtipp! Viel Wald und die sandige Küste dazu.
    Ihnen eine gute Weiterfahrt und bleiben Sie gesund.
    liebe Grüße Joachim Reck

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