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Das Konzert des Polizeichors Nürnberg ist beim Publikum, auch beim sachkundigen, gut bewertet worden. Das freut mich natürlich sehr.

Ich liebe diese Konzerte. Es macht einfach großen Spaß, das fleißig Erübte einem Publikum zu präsentieren. Wir haben für das Konzert den Chor der Technischen Universität Nürnberg, den Ohm-Chor eingeladen. Junge Frauen und Männer, hoch motiviert, bieten einen interessanten, und wie ich meine, schönen Kontrast zum konservativen Männerchorklang.

Die Familie war mit einer Ausnahme komplett als Zuhörer im Konzert. Einer konnte wegen hoher Terminbelastung vor Weihnachten nicht kommen. Zusätzlich fesselte ihn Corona ans Bett.

Nach dem Konzert gab es ein feines Abendessen beim Griechen , und dann die in unserer Familie übliche zwanglose Zusammenkunft. Mit ausreichend Naschwerk und Getränken, vor allem aber mit einer riesigen Lust zur Diskussion und zum Gespräch. Obwohl ich bei manchen Diskussionen nicht einmal verstehe, worüber da gerade diskutiert wird, erfreue ich mich an dem hohen Niveau das da zutage tritt. Wie Waldorf und Statler, aber ohne deren Sprüche. Das alles dauerte bis gegen 02.00 Uhr.

Unsere junge Familie blieb über Nacht, und ich genoss natürlich vor allem Zoe, und das gemeinsame Frühstück mit ihren Eltern am Sonntag Morgen. Wir trafen uns anschließend mit einem Teil des Rests der Familie in der Kirche und beschlossen die Familienzusammenkunft mit einem späten Frühstück.

Ich brachte die Wohnung in Ordnung, packte das Büsle endgültig voll, vor allem mit den wichtigen Sachen, und fuhr kurz entschlossen bei wunderschönem Wetter los.

Erstes Etappenziel, das ich mir gesetzt habe, war Gutach im Breisgau, ein hübscher Ort im Schwarzwald, in dem wir einige Jahre gewohnt haben.
Wann immer wir in den letzten Jahren unsere Reise nach Mallorca begannen, waren entweder Gutach, oder Altkirch im Elsass bei unserer guten Freundin Liliane die erste Station. Die Fahrt war trotz Nebels im Rheintal unproblematisch.


Zum ersten Mal stand das Büsle auf dem Wohnmobilstellplatz vor dem Freibad in Kollnau. Allein fahren, allein ankommen, allein vespern und allein schlafen war leider fast schon Routine. Das Büsle war gut geheizt, das Vesper hat auch allein geschmeckt. Ich genoss es, im Büsle zu sitzen und den in der vorangegangenen Nacht übrig gebliebenen Wein seiner endgültigen Bestimmung zuzuführen. Und doch hat etwas entscheidendes gefehlt. Gerade hier, an diesem Ort mit den unzähligen schönen, Erinnerungen.

Am nächsten Morgen genehmigte ich mir beim Gutacher Bäcker ein Frühstück. Anschließend besuchte ich das Elterngrab. Es war sehr, sehr kalt. Für mich ungewohnt kalt und zusätzlich noch nachtfeucht. Der Nebel hatte sich in der Nacht verzogen, der Friedhof lag allerdings noch im Schatten der Berge. Es versprach, und darüber freute ich mich natürlich, ein sonniger Tag zu werden. Der Kälte geschuldet fiel mein Friedhofs-Besuch kurz aus.

Gutach war eine sehr positive Station in unserem abwechslungsreichen Leben. Landschaftlich wunderschön. Vier Täler treffen dort zusammen. Vom Wohnzimmerfenster aus hatten wir den Kandel, den dritthöchsten Berg des Schwarzwaldes, im Blick.


Wir waren innerhalb kürzester Zeit im Dorf bekannt. Christiane durch ihre Mitarbeit in der Kirchengemeinde, und ich über den Männerchor. Wenn wir durch den Ort bummelten, wurden wir auch nach mehr als 20 Jahren noch erkannt. Zu der frühen Stunde und bei der Kälte war aber niemand im Ort unterwegs. Ich blieb also anonym, als ich durch den Ort Richtung Autobahn fuhr.

Tatsächlich begleiteten mich ein herrlicher, blauer Himmel und strahlender Sonnenschein. Die Vogesen, deren Gipfel teilweise noch zugeschneit waren und den Kaiserstuhl zur Rechten, den Schwarzwald zur Linken, fuhr ich durch sehr vertrautes, schönes Gebiet. Wie immer freue ich mich auch heute noch darüber, die deutsch-französische Grenze ohne Stopp zu überqueren. Als wir in den 70'iger Jahren die meisten unserer Wanderurlaube im Elsass verbrachten, wurden wir an der Grenze noch ganz schön kontrolliert.

Schließlich tauschte der Schwarzwald meine linke Seite mit dem Französische Jura. Bekannt Orte, bekannte Gipfel, schöne Erinnerungen, wohin ich schaute.

Ich hatte mir vorgenommen, mit dem Büsle mautfrei nach Barcelona zu fahren. DIe Mautgebühren für einen PKW sind schon ziemlich hoch, wenn man die ganze Strecke auf der Autobahn fährt. Und das Büsle kostet eine ganze Stange mehr.
Meine Mönchengladbacher Brieffreunde führten dieses Vorhaben messerscharf auf meine Eigenschaft als "Exilschwabe" zurück. Obwohl in MIttelfranken geboren, fühle ich mich ja immer noch Baden-Württemberg sehr verbunden. Schließlich haben wir den allergrößten Teil unseres Lebens dort zugebracht. Wenn ich mir mein Bankkonto ansehe, scheine ich allerdings kein typischer sparsamer Schwabe zu geworden zu sein.
Für das gesparte Maut-Geld habe ich mir eine schöne Verwendung ausgedacht. In Alcudia ist einer der weltweit schönsten Golfplätze. In traumhaft schöner Lage. Eigentümer ist die Familie Porsche.
Jetzt ist ein Golfplatz ganz sicher nicht unbedingt ein Ort, an dem wir uns bevorzugt aufhalten. Aber in Alcudia gibt es im Golf-Gelände ein ziemlich gutes Restaurant. Das bietet ein preiswertes, auch für einen "Normalbürger" erschwingliches Mittagsmenü an. Irgendwann rechne ich aus, für wieviel Mittagessen das Mautgeld reicht. Überschlägig geschätzt, könnten es schon 10 Essen werden. Also, liebe MG-ler: Nichts mit "Schaffe, schaffe, Häusle baue". Verprasst wird das Ersparte.

Auf jeden Fall verließ ich am Schild "Peage" die von der Grenze weg mautfreie Autobahn und setzte meine Fahrt auf den parallel verlaufenden Departement- und sonstigen Strassen fort. Das machte so lange Spaß, als mich der blaue Himmel und die Sonne begleiteten. Sobald ich aber an den Vogesen-Bergen vorbei war, senkte sich Nebel über die Landschaft. Der Nebel begleitete mich schließlich den ganzen Tag, zuerst durch das Burgund und schließlich bis kurz vor Clermont Ferrand. Da kam zu später Stunde doch tatsächlich noch einmal die Sonne heraus.

Berichtenswert ist, dass die Saone über sehr weite Strecken über die Ufer getreten war, und weite Teile der Landschaft links und rechts der Strasse überflutete. Wir haben dort früher schon Überschwemmungen gesehen. Aber das war unglaublich, wie viel Wasser sich da angesammelt hate. Es muss da sehr kräftig geregnet haben.

Für die Nacht hatte ich mir unterwegs den Wohnmobilstellplatz in Lapalisse ausgesucht. Das ist eine hübsche, typisch französische Kleinstadt mit einem imposanten Schloß in der Ortsmitte. Die letzten Sonnenstrahlen nutzte ich für einen kleinen Spaziergang durch den Cache-freien Ort und zum Einkaufen. Die Nacht war sehr ruhig, und gar nicht so kalt, wie von mir erwartet.

Leider bildete sich im Lauf der Nacht wieder dieser zähe Nebel. Ich setzte meine Fahrt fort, schon ein wenig enttäuscht. Ich hatte mich sehr auf die Fahrt durch das Zentralmassiv gefreut. Im Nebel ist das natürlich nicht so besonders reizvoll.

Zu meiner große Freude lichtete sich kurz nach Clermont Ferrand der Nebel, und ich hatte wieder - wie am Vortag in Südbaden - blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein. Bei einem kurzen Stopp suchte und fand ich meinen ersten Cache auf dieser Reise. Holger, der Spötter, stellte die Frage, ob ich alle anderen schon früher gefunden hatte. Sehr schnell musste ich feststellen, dass meine Sonnenbrille im Corsa liegt. Und wo der steht, scheint keine Sonne.
Die Fahrt war wunderbar. So, wie ich mir das gewünscht habe. Die (natürlich mautfreie) Autobahn steigt teilweise bis auf 1100 m an. Trotzdem habe ich nur auf den entfernt liegenden Gipfeln des Zentralmassivs Schnee gesehen. Im Schatten liegende Wiesen waren zwar noch weiß vom Reif der Nacht, aber Schnee gab es nicht.

Den Tempomat auf 110 km/h eingestellt, das entspricht auch der in weiten Teilen geregelten Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke, wenig Verkehr, nicht eine auch nur annähernd kritische Situation. Schöne Musik. Da macht Auto fahren so richtig Spaß.
Ca. 100 km vor Montpellier war das große Vergnügen allerdings jäh zu Ende. Ich tauchte wieder in Nebel ein. Ziemlich dichten Nebel. Aus 110 km/h wurden vorsichtige 70.

Auf der Strecke liegt die weltberühmte Brücke von Millau. Hier endete auch meine mautfreie Fahrt. Die Überquerung der Brücke kostet für PKW 10,10 €, für das Büsle 15,10 €. Ich habe zähneknirschend bezahlt. Naja, für ein Essen im Golfclub hätte das auch nicht gereicht. Was sagt Mönchengladbach dazu? Die hätten gewartet, bis schönes Wetter kommt, schreiben sie, damit sich die Investition lohnt. Ich frage: Wer ist da der Schwabe?

Zweimal verließ ich die Autobahn, um eins der Städtchen neben der Autobahn anzusehen. Mein erster Versuch scheiterte. Issoire ist keine Großstadt. Was ich dort aber an Verkehr erlebt habe, stellt den Nürnberger Strassenverkehr weit in den Schatten. Ich habe tatsächlich keinen einzigen Parkplatz gefunden, weder auf größeren Parkplätzen, noch an den Strassen. Eine einzige Autoschlange fuhr in die Stadt, und eine andere, ebenso große Schlange verließ die Stadt wieder. Erkennbar suchten viele Fahrer vor mir auch einen Parkplatz. Ich fand nicht einmal eine Stelle, an der ich kurz anhalten konnte, um mich zu orientieren. Na klar, wird jeder sagen, mit dem Büsle beansprucht man natürlich auch eine große Parkfläche. Nein, ich hätte auch mit dem Corsa keinen Parkplatz gefunden. Unglaublich. Dasselbe ist mir weiter im Süden noch einmal passiert. Von der Autobahn aus sieht man die wunderbare Kathedrale von Narbonne. Oft sind wir vorbei gefahren und haben uns vorgenommen, diesen Ort und die Kathedrale näher zu erforschen. Heute wollte ich das umsetzen. Es ging mir wie in Issoire. Massenhaft Autos und wieder kein einziger Parkplatz für mich. Ich verließ entnervt die Stadt und fuhr ans Meer. Da war es schöner, und weniger Verkehr. Für die zahlreichen Parkplätze, an denen ich vorbei fuhr, hatte ich keine Verwendung mehr.

Aber ich habe eine zweite Stadt im Zentralmassiv besucht. Saint Flour. Vor vielen Jahren sind wir einmal von Ost nach West durch das Zentralmassiv gereist, letztlich bis Bordeaux. Da haben wir eine Nacht unterhalb dieses reizvollen Städtchens mit dem Büsle übernachtet. Ach ja, die schönen Erinnerungen.

Die Zufahrt zur Altstadt auf dem Berg
Unten, in der Bildmitte, auf dem Parkplatz haben wir übernachtet

Auf einem riesengroßen Parkplatz vor der historischen Innenstadt fand ich am äußersten Ende einen der letzten freien Plätze. Das hat mich gefreut. Ich habe mich aber trotzdem gefragt, wie das dort im Sommer aussieht, wenn viel Touristen kommen. Jetzt ist ja sicher keine Hauptreisezeit für diese Gegend - und die Parkplätze sind voll. Komischerweise traf ich im Ort nur ganz wenige Leute. Wo waren all die Menschen, die mit ihren Fahrzeugen die Parkplätze füllten?

Auf jeden Fall fuhr ich danach ca. 40 km Richtung Mittelmeer wieder im dichten Nebel. Was wir in den Pyrenäen mehrmals erlebten, konnte ich auch auf dieser Autobahn erleben. Ich fuhr im dichtesten Nebel in einen Tunnel, und als ich aus dem Tunnel heraus kam, waren schlagartig der blaue Himmel und die Sonne wieder da. Wie schön.


Man fährt nach dem Tunnel in ein Tal mit sehr steilen Felswänden zur Linken. Kurz nach dem Tunnel ist ein Aussichtspunkt, zum Fotografieren. Wir haben dort früher schon einmal die Aussicht genossen. Heute überprüfte ich ob jemand dort einen Geocache versteckt hat. Die Stelle ist schon sehr geeignet dafür. Zu meiner großen Freude war ein Cache da. Ich stieg aus, und sofort wieder ein. Sonne und blauer Himmel hatten mich glauben gemacht, dass es nicht so sehr kalt sein würde. Außerdem: So kurz vor dem Mittelmeer !?
Auf jeden Fall wehte vom Berg herunter ein starker, eiskalter Wind. Ich hätte das wissen müssen, den Mistral haben wir schon häufiger erlebt.
Meine Cache-Suche dauerte nicht allzu lange. Aber trotz meiner wärmsten Fliesjacke war ich in kürzester Zeit total durchgefroren. Meine kalten Hände konnten den Cache nicht gut fest halten, und der Wind riss ihn mir aus der Hand. Glücklicherweise verfing er sich in einer Hecke. Schnell geloggt, Döschen verschlossen, wieder versteckt und im Eiltempo ins Büsle zurück, das glücklicherweise noch gut warm war.

Jetzt sitze ich auf dem Wohnmobilstellplatz von Beziers im warmen Büsle, trinke ein Glas Beaumes de Venise, Cru des Cotes du Rhone (die Insider wissen, was das heißt), und schreibe diese Zeilen.

Der Wetterbericht prognostiziert für den nächsten Tag Nebel zwischen Beziers und der spanischen Grenze. Ich hatte eigentlich vor, mir auf der (mautfreien) Fahrt entlang der südfranzösischen Mittelmeerküste Zeit zu lassen. Es ist Dienstag, es sind nur noch 296 km bis zum Hafen Barcelona, und ich muss erst am Freitag Abend in Barcelona sein, da bleibt viel Zeit. Deshalb habe ich meinen Plan geändert. Ich werde morgen bis Llorett de Mar fahren, und dort bis Donnerstag Mittag das Mittelmeer genießen.

Die Wetterprognose stimmte nicht. Der kräftige Mistral hat die Wolken vertrieben, so dass der Himmel wieder blau war und die Sonne kräftig schien. Die Temperatur lag bei angenehmen 10 °. Verließ man allerdings das schützende Auto, waren die 10 ° nicht mehr angenehm. Mit der Strickmütze konnte ich es aber aushalten, und meinen Plan umsetzen.

Die Fahrt zwischen mautpflichtiger A 9 und Mittelmeer war sehr abwechslungsreich und schön. Ohne jede Reue schaute ich oft auf die parallel verlaufende mautpflichtige Autobahn. So oft sind wir dort gefahren. In beiden Richtungen. Dass wir, keine 100 m von der Autobahn entfernt, an einer hoch interessanten Salzgewinnungsanlage vorbei fahren, haben wir natürlich nicht bemerkt. Als sparsamer Schwabe schon. Ich fuhr bis Argeles.

Zwischenzeitlich war die Tankanzeige doch schon weit nach unten gerutscht. Dem Internet entnahm ich, dass der Liter Diesel in Spanien mit 1,56 € doch deutlich günstiger ist, als in Deutschland und auch in Frankreich. Dort kostete er in den billigen Supermarkttankstellen 1,72 € und mehr. Bei 110 Litern macht sich der Unterschied durchaus bemerkbar. Für meine "Mallorca-Währung" bedeutet das fast ein zusätzliches Essen im Golfclub. Deshalb wählte ich die schnellste Verbindung zum französisch-spanischen Grenzort Jonquera, den wohl jeder Spanienreisende wegen des immensen Supermarktangebotes kennt.

Mein Wohnmobilstellplatzberater wies auf einen Stellplatz oberhalb des Grenzortes hin. Mitten im Wald, in den östlichen Ausläufern der Pyrenäen. Das war natürlich etwas für mich. Mittelmeer ade, hoch in das Gebirge.

Direkt neben einem Hotel ist ein perfekter Wohnmobilstellplatz angelegt. Der "koschded ned amol ebbes", freut sich der Schwabe. Normalerweise geht dieser nämlich davon aus, dass, was nichts kostet, auch nichts taugt. In dem Fall stimmt das nicht. Ohne Verzehrzwang für die Nutzung des Stellplatzes gönnte ich mir ein Abendessen im nahe gelegenen Restaurant Can Pau. Das war eine richtig gute Entscheidung. Das günstigste Menü schmeckte mir ganz ausgezeichnet. Bedient wurde ich von einem sehr sympathischen, freundlichen und flotten Ober. Der empfohlene Weißwein (passend zum Fisch) schmeckte mir, obwohl ich eigentlich lieber Rotwein trinke. Das ganze fand in einem modernen, meiner Meinung nach schönen Lokal statt.

Zurück im Büsle spürte ich deutlich den Mistral, der - vom Norden kommend - locker auch die Pyrenäen-Ausläufer überquerte und das Büsle schüttelte. Glücklicherweise nicht so stark, dass mein Rotwein in Gefahr war. Wie lange der starke Wind anhielt, weiß ich nicht. Nach dem guten Essen und den diversen Weinen schlief ich tief und fest.

Als ich am Morgen aufwachte, bemerkte ich sofort, dass sich das Büsle nicht mehr von allein bewegte. Der Mistral war offensichtlich zum Erliegen gekommen. Ich stand auf und fror nicht, wie in den vorausgegangenen Tagen. Ohne Heizung absolvierte ich meine sparsame Morgentoilette und genoss ein schmales Frühstück. Mein Appetit war nach dem Menü des Vorabends nicht so sehr ausgeprägt. Die Außentemperatur lag bei 12 °, sie erhöhte sich, bis ich ins Tal hinunter kam, kurzfristig sogar auf 18 °. Und das bei blauem Himmel und Sonnenschein. Herz, was begehrst Du.

Das schöne Wetter genießend, unternahm ich eine kleine Wanderung um die Bucht von Roses. Ich schickte erste Bilder an die Familie und bekam direkt Antwort von Michael, der mit seinen Eltern vor ca. 20 Jahren dort Urlaub gemacht hat. Zum Beweis schickte er ein Foto von damals, das einen Teil meines Spaziergangs zeigt.

Ich blieb im Wesentlichen am Mittelmeer und fuhr von Roses aus 60 km südlich Richtung Barcelona, nach Palamós, und dort auf einen riesigen, terrassenförmig angelegten Wohnmobilstellplatz. Die freundliche Verwalterin wies mir ihren wahrscheinlich schlechtesten Platz zu. Ganz unten, in zweiter Reihe hinten, ohne jede Sicht. Es störte mich allerdings nicht besonders. Ich hatte trotz meiner vormittaglichen Wanderung noch Lust, und ging durch endlose Wohngebiete ca. 2 km zum Strand. Das hat sich aber gelohnt. Ich fand unterwegs zwei nette Geocaches, sah die Sonne hinter der Bucht untergehen (Katharina hatte sich ein Sonnenuntergangsbild gewünscht, und bekam es natürlich prompt geliefert), trank ein feines Bier im Freien und kam zufrieden zu meinem versteckten Stellplatz zurück. Dort war es inzwischen dunkel, und ich hatte keinen Verlust zu erleiden. Das halbe Hähnchen, das ich mir in Roses gekauft hatte, schmeckte sehr gut. Ein Glas Baume de Venise rundete den schönen Tag ab.

Am nächsten Tag nahm ich mir für die Fahrt zum Hafen in Barcelona sehr viel Zeit. Ich bummelte am Mittelmeer entlang, zum Teil mit herrlichen Ausblicken auf das Mittelmeer. Die Orte haben mich nicht so sehr begeistert. Es ist halt eine ausgesprochene Urlaubsgegend mit entsprechender Architektur.

Was mich begeisterte, fand ich mehr durch Zufall. Ich suchte eine Möglichkeit, irgendwo eine Weile stehen zu bleiben. Ich fand einen Parkplatz mit Blick aufs Mittelmeer. Und ich entdeckte ein Hinweisschild zu einem Leuchtturm.
Was macht der Geocacher? Natürlich: Er schaut sofort nach, ob es da etwas zu holen gibt. Und in der Tat war direkt über mir ein so genannter "Virtual". Da wird kein Döschen gesucht. Man muss vorgegebene Orte aufsuchen, und mit einem Bild belegen, dass man dort war.

Was zunächst nicht ersichtlich war, man mußte zum Leuchtturm hoch gehen, und bekam dann eine zweite Stelle, zurück auf Meereshöhe und auf der anderen Seite hoch zu einer Burgruine. Ich bewies einmal durch ein Selfie, und einmal mit meinem Nickname, dass ich die Aufgabe erfüllt habe.

Irgendwann landete ich doch noch in Llorett de Mar, und begab mich auf vergebliche Parkplatzsuche. Zufällig kam ich nach meiner Flucht aus dem Ort in die kleine Bucht Canyamel, und damit in ein herrliches Stück Costa Brava.

Parkplätze zum Aussuchen, 100 m vom Strand entfernt, und im Winter kostenfrei. Cachemäßig war es kein Erfolgserlebnis. Ein Earthcache, den ich sehr gerne gelöst hätte, wäre nur schwimmend zu erreichen gewesen. Und dazu hatte ich keine Lust. Lust hatte ich aber auf ein Bierchen mit direktem Blick auf diese herrliche Bucht.

Viel zu früh erreichte ich schließlich nach einem längeren Feierabendstau die mir bekannte Anlegestelle der Fähre in Barcelona, mit der ich nach Alcudia übersetzten wollte. Ich wartete auf die Öffnung der Schalter, um dort zu erfahren, dass sich bei Balearia wieder etwas geändert hat. Die hilfsbereite Dame hinter der Trennscheibe gab mir in Googlemaps eine neue Adresse ein, die mich zu einem lieblosen riesigen Parkplatz am Ende des Hafens führte. Dort wurde ich von einer ebenfalls sehr hilfsbereiten Dame als erstes Fahrzeug geparkt. Sie erklärte mir in einem englisch, das ich verstehe: "Bitwien twenty and twenty thörty I come back, and then Follow me". Das war gegen 18.00. Sie kam relativ pünktlich. Inzwischen hatten sich neben mir zwei Schlangen PKW gebildet. Ich stand allein als dritte Schlange.

Pünktlich kam sie, ließ alle PKW fahren, nur mich nicht. Ich fürchtete schon, sie hätte mich vergessen, obwohl ich ja mit dem Büsle schlecht zu übersehen war.
Auf jeden Fall fuhr ich am Ende einer ziemlich langen Autoschlange durch das Hafengelände, und stand plötzlich vor meinem Schiff. Ich wollte hinter den PKW her fahren, wurde aber durch einen lauten Befehl davon zurück gehalten. Ich musste die Auffahrt der Lastwagen benutzen, und wurde dann in eine Lücke neben den breiten LKW-Spuren eingewiesen. Was nicht zu meinem Nachteil war, wie sich um 03.35 Uhr herausstellte.

Das war die größte Fähre, auf der ich bisher mit gefahren bin. Sie legte pünktlich um 21.30 Uhr ab. Die Ausfahrt war leider nicht so spektakulär, wie sonst. Wir fuhren, entfernt von der Stadtkulisse Barcelonas nur durch Hafengebiet.

Als wir das freie Meer erreicht hatten, bemühte ich mich um das auf den Fähren übliche Menü. Ich hatte seit dem Frühstück nichts gegessen, und war deshalb hungrig. Ich entschied mich für das kleinere von zwei Menüvorschlägen. Fisch mit Pommes. Das war wahrlich keine Offenbarung. Die Pommes waren kalt, und der Fisch lauwarm. Aber der hatte wenigstens etwas Geschmack. Das Bier war gut. Über das Postre senke ich gnädiges Schweigen.

Dann nahm ich einen mir zugewiesenen Platz auf einem unbequemen Sessel ein. Unbequem deshalb, weil seine steile Lehne nicht bewegt werden konnte. Selbst schuld. Ich hätte wissen müssen, dass ich für einen geringen Aufpreis einen besseren hätte buchen sollen.

Dort blieb ich nicht lange. Ich begab mich auf Deck und genoss den Blick auf die schwindende Stadt. Schließlich suchte ich meinen Sessel wieder auf und fand ihn von einer schlafenden Dame belegt. Ich nahm einen anderen, nicht bequemeren Sessel, las noch eine Stunde und schlief dann tatsächlich auch ein. Gegen 01.00 Uhr wurde ich wach und ging noch einmal an Deck. Das war wunderschön. Ein fast kompletter Vollmond beleuchtete die Meeresoberfläche, und einige Sternbilder waren klar zu erkennen.

Es gelang mir, noch einmal einzuschlafen. Pünktlich um 03.30 Uhr öffnete das Schiff in Alcudia die große Klappe. Ich saß schon im Büsle, und wartete darauf, dass mir jemand sagt, was ich tun soll. Die ersten drei LKW vor und neben mir fuhren hinaus. Ich erkannte eine Lücke, fuhr zurück, machte mich zum LKW und verließ das Schiff als drittes Fahrzeug. Um 03.55 war ich im Appartement. Super!

Im Nu lag ich im Bett, war schnell eingeschlafen und schlief tief und fest bis 9.30. Wie vereinbart meldete ich mich bei Gisella zum Frühstück an. Allerdings war nach den Katzenwäschen im Büsle eine Dusche zwingend notwendig. Die nahm ich auch - mit eiskaltem Wasser. Die Heizung war noch nicht eingeschaltet.

So kam ich toppfit und frisch zum Frühstück, wurde dort liebevoll begrüßt und gut bewirtet, meine Herbergsuche war voll erfolgreich.

Damit endet mein Bericht von der Reise nach Mallorca. Irgendwann berichte ich, was ich in den nächsten gut 2 Monaten erlebe.

Relativ abrupt habe ich meinen (Reise-)Bericht Mitte Oktober beendet. Seitdem wird mir immer wieder die Frage gestellt, wie es bei mir weiter geht.

Meine Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob ich auch allein leben kann, wurde zu einem großen Teil beantwortet. Mein einsamer Aufenthalt im "Paradiesle" war außerordentlich wertvoll.

Und meine Reise in den Norden hat mir gezeigt, dass es für mich gut möglich ist, mit dem Büsle alleine auf große Fahrt zu gehen.

Ich gebe zu, ein wenig Sorge begleitete mich schon. Schöne Orte besuchen, herrliche Landschaften sehen, unterwegs zu sein lenkt natürlich ab. Wie wird es, in die Wohnung zurück zu kehren, und den ganz normalen Alltag allein zu gestalten?

Zusammen gefasst: Auch das funktioniert. Mit einer gar nicht so unwesentlichen, aber zu ertragenden Einschränkung: Das große Schweigen. An manchen Tagen unterhalte ich mich ausschließlich mit der Google-Stimme: "O.k., Google, wie spät ist es?" "Es ist 8 Uhr 30".

Unterbrochen wird dieses Schweigen allerdings durch das Singen in meinen (zwischenzeitlich) zwei Chören, regelmäßige Anrufe aus der Familie, schöne Gespräche mit Nachbarn, nach einer durch Christianes Krankheit bedingten längeren Pause wieder ein fast regelmäßiger Gottesdienst-Besuch am Sonntag.

Ganz wichtig sind meine Kontakte in den - in diesem Fall uneingeschränkt positiven - sozialen Netzwerken. Mit der Familie, mit meinen Freunden in Mönchengladbach, aktuellen und früheren Sangesfreunden.

Wie geht es weiter?

Wir werden unsere Familien-Weihnachtsfeier aus ganz praktischen Gründen in die Adventszeit vorverlegen. Das entzerrt die Terminhäufungen um die Feiertage herum.

Nach dem traditionellen Vorweihnachtlichen Konzert meines Chors, am 17.12.2023, werde ich mein Büsle besteigen und nach Mallorca fahren. Ich bekenne mich hiermit: Ich bin ein großer Angsthase, was das Fliegen angeht. Seit vielen Jahren fahre ich deshalb in mindestens drei Tagen mit dem Auto nach Barcelona und dann mit der Fähre auf die Insel.
In diesem Jahr nach langer Zeit wieder einmal mit dem Campingbus.
Meine Familie dort hat mich herzlich eingeladen, und wir freuen uns alle darauf, Weihnachten gemeinsam zu feiern. Begleitet werde ich von meinem nagelneuen Elektro-Falt-Bike. Was für eine segensreiche Erfindung.

Das wird Phase 4 auf meiner Reise, das Alleinsein einzuüben. Ich werde berichten. Versprochen.

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Broager war der nördlichste Punkt meiner Reise. Langsam aber sicher musste ich mich auf den Rückweg begeben. Es gab drei Termine, die ich einhalten wollte.
Termin 1: Besuch bei Armin und Elena in Münster,
Termin 2: 39. Jahres-Treffen mit meinen Studienkollegen in Wetzlar,
Termin 3: Besuch bei Elisabeth und Michael.

Eine weitere Planung gab es nicht. Stimmt nicht ganz, Hamburg und Bremen waren zwei Bundesländer, die mir noch fehlten.

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Die nächsten Tage meiner Reise nach Norden waren abwechslungsreich, interessant und überwiegend sehr schön. Ganz ehrlich: Ich hatte keine Muße, meinen Bericht fortzuführen. Inzwischen bin ich wieder daheim und berichte über Vergangenes.

Wismar und Lübeck habe ich in sehr guter Erinnerung. Von Lübeck aus fuhr ich weiter nach Norden. Einer Empfehlung folgend wollte ich nach Kappeln an der Schlei fahren.

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Der See von Plau

Da habe ich mir etwas wirklich schönes ausgesucht. Der Plauer See ist ein See, der zur Müritzer Seenplatte gehört. Ich habe ihn über die Suche nach einem Campingplatz gefunden. Plau ist ein schöner Ort und schmiegt sich an den schönen See. Ich bleibe zwei Nächte dort.

Auf der Fahrt nach Plau nehme ich mir vor, noch vorsichtiger zu fahren. Gelegentlich kam nämlich früher von der Beifahrerseite ein deutlicher Hinweis auf eine Gefahrensituation, oder eine fast verpasste Abzweigung. Selbstverständlich hatte ich die Gefahr selbst schon längst erkannt. Aber selten, ganz selten, war der Hinweis sehr berechtigt und verhinderte Schlimmeres.

Bei der Anmeldung frage ich, ob es auf dem Campingplatz ein Restaurant gibt. Leider nicht, erfahre ich, aber es gibt einen Wagen, in dem vorzügliche Burger zubereitet werden. Mit Burger habe ich, aufgrund tief sitzender Vorurteile, keine Erfahrung. Ich entscheide mich trotzdem für einen Burger zum Abendessen. Dem Burger-Koch erzähle ich, dass ich heute meinen ersten Burger esse. Er lächelt. Man wundert sich am Tisch, dass ich den Burger mit Messer und Gabel verspeise. Aufgeklappt, auf einer Seite Garnelen, auf der anderen Seite Hackfleisch gegrillt.

Ich werde beim essen aufmerksam beobachtet; ein nettes Paar an meinem Tisch und eine Familie am Nachbartisch haben mitbekommen, was ich dem Koch gesagt hatte. Sie beobachten jeden Biss den ich nehme und fragen sofort nach meinem letzten Bissen, ob es mir jetzt geschmeckt hat.

Ich muss zugeben, es hat geschmeckt. Mein Kommentar war, dass ich wieder einen Burger essen werde, wenn er so gut schmeckt, wie dieser.

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